Star Trek - Voyager, 6. Staffel: Der Virtuose
Ich hielt mich für jemanden, der sich im Star Trek-Universum ziemlich gut auskennt. Aber ich war überrascht zu erfahren, dass es in der 6. Voyager-Staffel eine Folge mit dem Titel "The Virtuoso" ("Der Virtuose") gegeben hat.
Der Schiffsdoktor, ein "medizinisches Hologramm", offenbart darin überraschend Fähigkeiten als musikalischer Virtuose.
Ich kann mich nicht erinnern, die Folge jemals gesehen zu haben - weshalb ich die Beschreibung einer Fan-Seite entnehme:
Sternzeit 53556.4
Die Voyager kommt einem beschädigten Raumschiff der Qomar zu Hilfe, einer mathematisch orientierten, technologisch weit fortgeschrittenen Spezies, die sehr selbstsicher auftritt und sich "niederen" Lebensformen mit geringerem technischen Verständnis überlegen fühlt, so daß in der Vergangenheit von den Q'omar jeder unnötige Kontakt vermieden wurde. Dementsprechend unfreundlich begegnen die geretteten Qomar der Voyager-Crew, die ihr Schiff repariert und sich um ihre Verletzungen kümmert. Ihre Haltung ändert sich jedoch schlagartig, als der Doktor, den sie als Hologramm besonders abfällig behandelt haben, zu singen anfängt. Trotz ihrer Überlegenheit ist ihnen diese nicht-rationale Ausdrucksform von Gefühlen fremd, und sie sind sofort bezaubert. Sie entschuldigen sich für die voreilige Einschätzung der menschlichen Kultur und laden die Crew in ihr - sonst geschlossenes - System ein. Die Q'omar wollen alles von ihr über Musik wissen, und aufgrund seines Talents zu singen ist der Doktor innerhalb kurzer Zeit eine Berühmtheit. Er hat in den Qomar ein Publikum gefunden, das ihn uneingeschränkt bewundert und seinem übersteigerten Ego Gelegenheit zur Selbstdarstellung gibt. Gefeiert von Hundertmillionen, hegt der Doktor schließlich den Wunsch, auf dem Heimatplaneten der Qomar ein neues Leben als Sänger zu beginnen ...
Und auch die folgende Interpretation sei (in gekürzter Fassung) zitiert:
Schon viele - zu viele - Star Trek: Voyager Episoden haben sich mit der mangelnden Anerkennung des Doktors als gleichwertiges Individuum beschäftigt: "Der Schwarm", "Das verborgene Bild" und "Dame, Doktor, As Spion", um nur einige zu nennen.
Glücklicherweise spielt dieses Thema in der vielschichtigen Charakterepisode "Der Virtuose" nur eine untergeordnete Rolle. Genaugenommen ist es der Ausgangspunkt für eine Geschichte, die uns die Fehlerhaftigkeit des menschlichen Strebens aufzeigt, nach immer größerer Leistung und nach einer Verbesserung unserer Fähigkeiten zu streben, wenn dieses Streben nicht das Ziel hat, sich selbst oder die Gesellschaft voranzubringen, sondern allein dazu dient, auf bequemen Wege den Respekt, die Anerkennung und die Berühmtheit zu erlangen, die wir uns schon immer gewünscht haben. Der Doktor als ein Hologramm, das seinen gleichberechtigten Status gerade erst erhalten hat, dessen Unzufriedenheit - wenn auch nicht mehr berechtigt - immer noch latent vorhanden ist und das nicht zuletzt eine recht eitle, selbstbezogene Persönlichkeit aufweist, ist natürlich das ideale "Opfer". So ist "Der Virtuose" Charakterstory und Sozialkommentar in einem.
(...)
Sind wir nicht alle schon einmal dieser falschen Anerkennung erlegen, die nicht auf unser Wesen als ganzes, sondern allein auf eine einzelne Fähigkeit abziehlt? Dieser Respekt von Personen, die uns suggerieren, wir seien etwas besonderes, obwohl das Gegenteil der Fall ist, weil für sie ihr persönlicher Gewinn, den sie durch uns erhalten, im Vordergrund steht? Auf jeden Fall verleiht dies der Geschichte einen tragischen Anstrich, der sich im Verlauf der Handlung noch verstärkt, wenn der Doktor seinen zweiten, ebenfalls nur allzu menschlichen Irrtum begeht: er befindet sich auf dem Höhepunkt seines persönlichen Triumphs, doch die Personen, die er für seine Freunde hielt, scheinen seine Freude nicht zu teilen.
(...)
Die Entwicklung in "Der Virtuose", mit der Entdeckung des Doktors, seinem Aufstieg, seinem Höhepunkt mit eigens veranstalteten globalen Konzerten, Autogrammstunden, Merchandising und die Verfolgung durch "Groupies", die fanatischsten der (weiblichen) Fans, und schließlich seinem sang- und klanglosen Abgang, gleicht den Verhältnissen in unserer schnellebigen Zeit, in der unser Status in der Gesellschaft allein auf unseren speziellen Fähigkeiten und der Kunstfertigkeit, uns möglichst "über Marktwert" zu verkaufen und als etwas besonderes darzustellen, basiert. Das mag eine natürliche soziale Entwicklung sein, doch betrachten wir die gezüchteten Superstars, die gerade mal so gut singen und tanzen können, um die Massen für ein paar Wochen zu unterhalten, bis sie den wachsenden Erwartungen nicht mehr gerecht werden können und in der Versenkung verschwinden, wird klar, wie außer Kontrolle geraten die Situation tatsächlich ist. Sänger, Tänzer, Leistungssportler sind auf scheinbar einfache Weise zu einem Leben voll Reichtum und Ruhm gelangt, doch trotzdem sind sie eigentlich nichts anderes mehr als eine Ware. Sie sind einem enormen Druck durch ihre "Fans" ausgesetzt, die nach dem Credo handeln, die Celebrities hätten eine Verpflichtung gegenüber den gemeinen Leuten. Daß angesichts einer solchen Sichtweise jedwede Menschlichkeit auf der Strecke bleibt, zeigt sich am sozialen Abstieg, der nur allzuoft dem beruflichen Aus folgt: den Stars von gestern ist es oft nicht mehr möglich, ein normales, ausbalanciertes Leben ohne große Berühmtheit zu führen. Zumindest im utopischen 24. Jahrhundert ist diese trostlose Situation aber nicht das Ende aller Weisheit. Dort ist die Crew der Voyager - und letztlich auch der Doktor - zu der Erkenntnis gelangt: man lebt für sich selbst, nicht für andere, und soll dementsprechend aus eigenem Antrieb heraus handeln und sich verbessern, was ein weiterer Eckstein der Philosophie Gene Roddenberrys ist.
allesfliesst - 9. Jul, 23:30
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giurament2 - 10. Jul, 16:30
und zwei Ausschnitte daraus
giurament2 - 10. Jul, 16:38
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