Mittwoch, 20. Januar 2010

Der blinde Virtuose

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»Nur Krüppel werden überleben« lautet der Titel eines Kapitels aus Peter Sloterdijks Pamphlet der kulturellen Selektionsvorteile durch Selbstdisziplin Du mußt dein Leben ändern. So gruselig das Buch, ist doch die Verbindung zwischen dem körperlich Behinderten und dem Virtuosen ein Topos, für den nicht nur der von Sloterdijk angeführte armlos geborene Geiger Carl Herman Unthan ein Beispiel ist. Hier eine neuere Version im Kontext einer politischen Berichterstattung über Russland vom letzten Jahr aus dem Neuen Deutschland:

http://www.neues-deutschland.de/artikel/154378.der-blinde-virtuose-an-der-metro-station.html

Auch interessant zu dem Thema: die Seite des Handycap Networks

Dienstag, 20. Oktober 2009

Kai van Eikels: »Freie Bereicherung, raffinierte Glückseligkeit - Das Virtuose im ökonomischen und politischen Denken der Romantik«

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Dies ist das Manuskript eines Vortrags, gehalten auf der Konferenz Genie - Virtuose - Dilettant: Konfigurationen romantischer Schöpfungsästhetik am 15. Oktober 2009:

Romantische-Oekonomie (pdf, 202 KB)

Dienstag, 6. Oktober 2009

Masse – Kritik der Masse: eine politische Theorie der Leichtigkeit

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Das Sade'sche Noch eine Anstrengung..., das den Republikanismus als radikales Programm eines Republikaner-Werdens definiert:

Wie Roland Barthes bemerkt, bricht das Pamphlet zugleich mit der Idee/Ideologie eines homogenen Volkes: Der „Mann aus dem Volk“, Auguste, der junge Gärtner, der an den sexuellen Ausschweifungen teilgenommen hat, wird hinausgeschickt, als man den politischen Text verliest:
der Diskurs, der die republikanische Moral begründet, ist paradoxerweise ein linguistischer Sezessionsakt. Die Sprache des gemeinen Volkes, an der sich zunächst die aristokratische Sprache ergötzt, wird danach einfach aus der Dissertation, d.h. aus dem Austausch (zwischen Logos und Eros) ausgeschlossen [...].
Es gibt also eine klare Unterscheidung zwischen Körper und Sprache, nicht im Sinne einer Körper-Geist-Dichotomie, sondern zwischen dem Prinzip der körperlichen Vermischung und dem Prinzip einer Trennung, dem die Szene des Sprechens sich verpflichtet:

Während die sexuelle Szene die Verkettung aller Körper unter dem ökonomischen Gesichtspunkt maximalen Lustgewinns betreibt (und dafür bereitwillig den Schwanz eines Königs in den Arsch eines Bauernjungen steckt oder eine adelige Dame mit dem Sperma, der Pisse und Scheiße von Seeleuten überflutet), kommt es der Sprache zu, die Trennung zwischen den Menschen zu bezeugen.

Auch innerhalb der erotischen Szene wird diese politische Trennung, wie Barthes präzise analysiert, nur auf der Ebene der Sprache evident: Als Körper sind die Libertins ebenso wie ihre Opfer und Helfer gleichermaßen Module, die man nebeneinander anordnen, durch Bewegungen verknüpfen, in einer Mechanik (oder manchmal Kybernetik) zum Funktionieren bringen kann.

Allein der logos unterscheidet die Täter von den Opfern, die Überlebenden von den zum Tode Verurteilten, die Freien von den Geknechteten. Der Libertin ist derjenige, der, ob in der Position des Quälenden oder des Gequälten, zu sagen vermag, wie er genießt, die Logik der Lust benennen und theoretisch reflektieren kann. Das Opfer ist derjenige, der bloß schreit, sich selbst auf das Körperliche reduziert. Logopolitische Differenz: die Macht des Wortes und die politische Macht sind bei Sade streng synonym.

Ein konsequenter Republikanismus wäre dementsprechend nicht die Rückführung aller Menschen auf die stumme Dynamik der Körper (alle, auch die, die vernünftig zu sprechen verstehen, werden gleichermaßen Schrei), sondern die konsequente Ablösung des politischen Diskurses von der mechanischen Verkettung der Körper und ihrer Artikulationen.

Die revolutionäre Szene wäre nicht die der Vereinigung der Körper zu einer Masse, die sich von irgendwelchen Punkten her in Bewegung setzt (später einmal wird man diese Punkte als Aristokraten identifizieren), um alles zu überrollen, sondern eine Praxis des Sprechens, die bewirkt, dass das politische Wort nur im Zustand der Trennung vernommen wird.

Das Noch eine Anstrengung...!, mit dem diese Praxis des Sprechens beginnt, würde sich auf eine Wiederholung im Zustand der Trennung beziehen – eine virtuose Wiederholung dessen, was bereits auf der Ebene der verklebten Körper getan wurde (was zu tun ist, ist vollkommen klar): eine Wiederholung, die das Selbe leichter, eleganter, geübter vollzieht und den Vollzug, die Praxis des Sprechens (in dem, was sie mit den Körpern und durch die Körper bewirkt) von den Bewegungsgesetzen der Materie namens Volk emanzipiert.

Die Sadesche Szene der Unterweisung, wie die Philosophie dans le boudoir sie entfaltet, verzichtet keineswegs auf das Volk und den Körper. Aber die Politik der Anstrengung, die der Sade'sche Republikanismus lehrt, beruft eine virtuose Praxis des Sprechens zur Ausführung jener Bewegungsfiguren, als die sich kollektive Handlungen technisch darstellen.

Ohne jene zweite, nochmalige, wiederhole Anstrengung, die Virtuosität in das Handeln einführt, ist mit dem Volk nichts zu erreichen. Ohne diese virtuose Wiederholung der revolutionären Bewegung bleibt die Bewegung ein mechanisches, auf eine soziale Physik der Masse zurückbuchstabierbares Phänomen.

Um Handlung zu werden, bedarf das revolutionäre Geschehen einer Praxis des Sprechens, die seine Szene rekonfiguriert und in den mechanischen Verbindungen zwischen den vielen Beteiligten die Freiheit, d.h. die Trennung evident macht, die der Bewegung ihre virtuose Leichtigkeit verleiht.

Donnerstag, 9. Juli 2009

Ein Beweis für die These...

...dass die Welt voller Virtuosen ist. Man muss sie bloß suchen (oder kurz dieses Video schauen):


Sonntag, 30. November 2008

Ein Virtuose in der Regierungskunst...?

mueller


Ein interessantes Zitat zum Thema Virtuosität und Politik im 19. Jahrhundert:
»So wenig Mitgift haben wir von der Natur empfangen? - so viele Gründe waren da, den Glauben an das Gemeinschaftliche fahren zu lassen, in einer rafinirten Privatglückseligkeit, Privatenitur und im häuslichen Leben Entschädigung für das Entbehren der Nationalität zu suchen, und vielmehr das Europäische Universum zu suchen als das Vaterland im Auge zu haben! so leicht mußte bei uns der Irrthum um sich greifen, daß die Nation nichts weiter als ein Konvolut zufällig neben einander wohnender Virtuosen und gebildeter Privatmänner, der Staat nichts anderes als eine polizeiliche Maschine für unsre äussere Sicherheit sei, die nebenher etwa noch die Bestimmung hätte, die größtmögliche Anzahl solcher Virtuosen zu erziehn! - Denken Sie sich an die Spitze eines solchen Volkes noch einen Virtuosen in der Regierungskunst, geschmückt mit allen Zierden des Privatlebens, das erste Talent Europas und seines Jahrhunderts - was ist natürlicher, als daß das königliche Wesen über den Virtuosen vergessen wird, und die Nationalität über den Reiz des Privatlebens.«

Adam Müller, Erste Vorlesung über König Friedrich II. und die Natur, Würde und Bestimmung der preußischen Monarchie (gehalten am 11.1.1810 in Berlin, abgedruckt in der Zeitschrift Pantheon, Zitat S. 189)

Montag, 27. Oktober 2008

Virtuosität und Habitus

bourdieu

Wenn Habitus darin besteht, den Ort, den einem die soziale Aufteilung zuweist, aktiv einzunehmen, in zu „inkorporieren“, dann ist der Virtuose die Figur einer Performanz ohne Habitus.

Genau deswegen wird er indes zur exemplarischen Figur für die soziale Ökonomie in einer poststratifikatorischen Gesellschaft: Die Freiheit, die er in seiner Selbstinszenierung hat, weil diese eben nicht primär Verkörperung von Habitusformen ist, erweist sich als Potenzial der Selbstbehauptung, wo diese keine entsprechend zuverlässigen Formen mehr vorfindet. Wo nicht mehr klar ist, was zu steigern wäre, um gesellschaftlich Erfolg zu haben, sind die Erfolgreichsten jene, die sich auf Steigerung selbst spezialisieren.

Mittwoch, 20. August 2008

Unterirdisch virtuose Performance

Oder: Was macht die Virtuosität eines Virtuosen aus?

Joshua Bell

Joshua Bell würden die meisten, die mit Klassik vertraut sind, als Virtuosen betrachten. Es wäre keine Frage, hätte man die Möglichkeit, einem seiner Konzerte beiwohnen zu können, man würde es irgendwie möglich machen. Viele würden dafür nicht einmal gerade wenig Geld für ein solches Erlebnis hinlegen. Sie tun das, weil sie von ihm eine Darbietung erwarten, die andere Künstler in der Form nicht zu leisten im Stande wären. Doch gerade auch der Rahmen, in dem das Event präsentiert wird, trägt entscheidend dazu bei, den Leuten die Virtuosität des Geigers erst, ja, greifbar oder vielleicht auch nur greifbarer zu machen.

So führte die Washington Post mit Joshua Bell als Protagonisten unlängst ein krudes Experiment durch: Der weltbekannte Musiker sollte zu der Zeit, als er in der Symphony Hall von Boston, wie so oft in der Welt, das Haus füllte, auch einmal für gewisse Zeit im unscheinbaren Getümmel eines U-Bahn-Zugangs das Milieu der Straßenmusiker intrudieren. Die Ungewissheit über den Ausgang und auch die Neugierde, ob die Virtuosität des Künstlers auch außerhalb ehrwürdiger Hallen auffiele, ließ den vielgefragten Violinisten einwilligen.

So spielte denn Bell für etwa eine dreiviertel Stunde vor in der Zeit etwas über eintausend vorbeieilenden Passanten weniger wohlbekannte, aber deswegen nicht minder schwer zu meisternde Stücke auf seinem für sich genommen schon virtuosen Instrument, einer geschichtsreichen Stradivari. Das im morgendlichen Trott vorbeirauschende Publikum war wohl gewählt und durchaus geeignet, wenigstens ein künstlerisch anspruchsvolles Niveau von mehr oder minder lustlosem Gefiedel unterscheiden zu können, bestand es zumeist aus Regierungsangestellten, die eben dort vermehrt zur Arbeit gingen.



Was nun durch die Wahl der Umstände letztlich bewiesen werden konnte, kann hier wohl nicht genau festgestellt werden. Im allmorgendlichen Stress schon mit hochkarätigen Kompositionen konfrontiert zu werden ist zugegebenermaßen nicht gerade einladend, zudem die Erfahrung die Leute eher lehrt, dass gerade an diesen Stellen keine besonders hochwertigen Interpretationen zu erwarten wären, werden sie dort doch beinahe tagtäglich in einen Soundteppich leichterer Kost gehüllt. Womöglich fiel einigen in den wenigen Sekunden des Vorübergehens die Passage ohne den Kontext sogar als eher abstoßend auf. So hat Joshua Bell an diesem Morgen größtenteils unbeachtet sich selbst ein für die Tätigkeit nicht unüblich hohes Honorar eingespielt.

Nur wie kann den vielen Menschen außerhalb dieser Vorhalle das Potential, die Virtuosität in der entsprechenden Halle auffallen? Der Virtuose bleibt derselbe, unabhängig vom Fleck der Erde auf dem er steht. Es sind wohl auch die Umstände, in denen er seine Leistung im Ohr des Zuhörers reifen lassen kann, es wird eine entsprechende Erwartung hier vorausgesetzt. Es reicht also nicht nur, das bisher an Ort und Stelle gehörte durch eigene Leistung zu übertrumpfen, in gewisser Weise muss auch der gesellschaftliche Grundstock eine Erwartungshaltung vorbereitet haben, um den maximalen Impuls beim Zuhörer hervorrufen zu können.

Abschließend noch der Link zum vollständigen Artikel der Washington Post mit ein wenig besseren Videos als dem YouTube-Abklatsch:
Pearls Before Breakfast (vom 8. April 2007)

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